Alter Prolog – Der Wächter

Für alle, die noch einmal den alten Prolog nachlesen möchten.

Der Wächter hielt Wache – seit Jahrtausenden. Der Nexus musste beschützt werden. Seine Rasse hatte zuviel dafür geopfert. Auch wenn er noch keinem Reisenden im Grau begegnet war – sie würden kommen, durch die Verbindung zwischen den Dimensionen treten und den Funken des Lebens auf dem Planeten entzünden.
Eine Energiesignatur huschte an ihm vorbei in Richtung Nexus. „Endlich.“ Er folgte der Signatur, aber etwas stimmte nicht. Wie eine gigantische Zwiebel bestand sie aus mehreren Schichten. Der Anblick bereitete ihm Unbehagen. „Es muss krank sein. Teile davon sind tot.“ Als er näher heranrückte, erkannte er die tatsächliche Größe. „Was immer es ist, es wird nicht durch den Nexus passen.“
Kurz vor der schwarzen Öffnung des Nexuskanals verschwand das Wesen. Er war sicher: Es ist nicht hindurchgegangen. Er untersuchte die Stelle des Verschwindens. Nichts.
Wenig später flackerte der Nexus. Ungläubig registrierte der Wächter die Schwankungen. Unmöglich. Er wartete einen Moment. Doch das Flackern ließ nicht nach. Im Gegenteil, es nahm an Intensität zu.
„Ich muss nachsehen.“ Er schickte nur sein primäres Bewusstsein. Die anderen vier Ebenen verblieben im Grau.
Beim Betreten des Kanals erreichte er ohne Verzögerung die Dimension, in der der Nexus physisch existierte. Sein Bewusstsein fuhr in einen Körper und verdrängte das dort ursprünglich vorhandene Wesen. Ein notwendiges Opfer.
Lichter blinkten, akustische Signale füllten den engen Raum.
Der Wächter benötigte lange Sekunden, um die Wahrnehmungen seines neuen Körpers zu verstehen und die Informationen des Gehirns auszuwerten.
„Metall, Strom- und optische Leiter, eine technik-affine Spezies – nicht gut.“
Er steuerte ein Fluggerät, einen Transporter. Zahlreiche externe Rechensysteme kompensierten die begrenzte Leistungsfähigkeit seines Gehirns. Video- und Audiosysteme übertrugen Daten von der Außenwelt.
Das Videosignal zeigte einen dreißig Meter hohen schwarzgrauen Obelisken. „Der Nexusstein.“ Er stand auf einem mit blaugrünen Flechten bewachsenen Hügel. Von dort krabbelten ein Dutzend Gestalten eilig in Richtung einer Raumfregatte.
„Hier Sigma eins. Bereit für Sprengung“, meldete das Audiosignal. Der Wächter sah genauer hin. Die Basis des Obelisken wies zahlreiche Löcher auf.
„Omega sieben, acht und neun. Traktorstrahlen an. Das ist die letzte Sprengladung. Wir haben ihn.“
Die Wesen wollten einen Nexusstein stehlen. Sein Heimatplanet hatte sich dafür geopfert. Viele seiner Rasse hatten sich als Wächter für die Steine zur Verfügung gestellt, um das Leben im Universum auszubreiten. Ein Gefühl regte sich in dem neuen Körper: Heiße Wut loderte auf und brannte durch die Adern.
Ein rotes Licht blinkte vor ihm. „Omega sieben. Traktorstrahl an. Bitte bestätigen.“ Er sammelte Energie aus dem Grau und sendete auf dem Audiosignal: „Stop. Sofort.“
Die Wesen reagierten. Der Bildschirm und sämtliche Lichter erloschen. Eine Explosion rüttelte an dem Transporter, der dem Boden entgegenstürzte.
Er spürte die Erschütterung des Nexus. Wut nahm die gesamte Kapazität seines Gehirns ein. Er nutzte die Energie aus der grauen Dimension, um den Transporter auf die Gruppe von Wesen auf dem Boden zu lenken. Laserstrahlen durchbohrten die Metallhülle und verletzten seinen Körper. Dennoch begrub das Gefährt drei der Wesen unter sich. Die graue Wahrnehmung zeigte ihm, wie das grüne Leuchten der zerquetschten Körper erlosch und das Blut der Wesen in den Boden sickerte.
„Blut im Boden.“ Diese Idee konnte nur dem Gehirn einer kranken Kreatur entspringen. Er öffnete die Verbindung zu seinem sekundären Bewusstsein im Grau, übergab den Befehl und ließ es über die sterbenden Körper in das Blut im Boden fahren. „Nexus-Diebe. Erfahrt die Macht des Wächters.“
Das sekundäre Bewusstsein breitete sich über die gesamte Insel aus und durchbrach mit der Energie aus der grauen Dimension die Erdkruste. Beben erschütterten die Erde. Glühende Magmabrocken schleuderten gegen die zwei Transporter, die den Obelisken in den Himmel transportierten.
Das Magma traf nicht nur die Fahrzeuge der Fremden, die zu Boden stürzten. Die Gesteinsbrocken zersplitterten den Obelisken in tausend Teile. Dem Hauptschiff der Wesen gelang es, einen Teil einzufangen, ehe es die Flucht ergriff.
Ein zweiter Vulkan öffnete sich und schleuderte Magma auf das Hauptschiff. „Getroffen.“ Er hatte die Erschütterung deutlich gespürt, bevor das Schiff diese Dimension verlassen hatte.
Ein Schauer kohärenter Lichtstrahlen traf seinen Transporter und tötete den übernommenen Körper.
Seine zwei Bewusstseinsebenen kehrten in das Grau zurück. Das Schiff der Wesen blieb verschwunden. Dafür tauchten merkwürdige Energiesignaturen – Farbflecken im Grau – auf, die erschienen und verschwanden wie Geister im Nebel. Der Nexuskanal öffnete sich nicht mehr. Der Wächter zweifelte am Sinn seiner Aufgabe, bis er nach langer Zeit einen winzigen Kanal bemerkte und ihm folgte.

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